Präambel, Ausgangslage
Der Bildungsverband versteht sich als Vertreter von Bildungs- und
Qualifizierungsunternehmen, die sich in einen europäischen Bildungskontext eingebettet
sehen. Das bedeutet, dass wir für Flüchtlinge in Deutschland für eine Kultur des
Willkommens und der Teilhabe an Gesellschaft, Bildung und Arbeitsmarkt stehen.
Gleichzeitig sehen wir unsere Verantwortung aber auch darin, mit dafür zu sorgen, dass in
unseren europäischen Nachbarländern keine Abwanderung von Kompetenzen und
Potenzialen stattfindet, weil der Fachkräftemangel in Deutschland dazu führt, dass
Arbeitskraft und Qualifikation dort abgezogen werden.
Das vorliegende Papier versammelt Forderungen und Thesen, die zu einem verbesserten
Umgang mit den hier eintreffenden Flüchtlingen und zu einer besseren Förderung der
Flüchtlinge beitragen sollen, damit diese hier an Gesellschaft und Arbeitsmarkt teilhaben
können. Welche Voraussetzungen aus unserer Sicht dafür im Wesentlichen notwendig sind,
wird in diesem Papier aufgeführt.
Unterschiedliche Voraussetzungen
Die Zielgruppe der Flüchtlinge ist sehr heterogen, das hat mit der Situation in ihren
Herkunftsländern, aber auch mit ihren individuell unterschiedlichen Bildungs- und
Qualifikationsvoraussetzungen zu tun: Qualifizierte Flüchtlinge mit und ohne die
entsprechenden Nachweise, Flüchtlinge mit Berufsabschluss, der aber keinem deutschen
Abschluss entspricht, junge Flüchtlinge, die eine Berufsausbildung brauchen, Analphabeten/
Menschen mit geringer Schulbildung. Notwendig sind Sprachqualifizierung, teilweise auch
Traumata-Arbeit und vieles mehr. Nicht zu vergessen die Personen im Umfeld: Angehörige,
Kinder, Bedarfsgemeinschaften, die ebenfalls betreut und entsprechend gefördert werden
müssen.
Fragmentierte Zuständigkeiten
Entsprechend den politischen, gesetzlichen und administrativen Rahmenbedingungen sind
die Zuständigkeiten für die heterogene Zielgruppe der Flüchtlinge sehr fragmentiert und
differenziert. Auf den verschiedenen Ebenen sind der Bund (Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge, Innenministerium, Arbeitsministerium), die Bundesagentur für Arbeit, teilweise
der Europäische Sozialfonds und die entsprechende Generaldirektion der EU zuständig und
Ansprechpartner. Bundesländer, Kommunen und Job Center sind auf Länder- und
kommunaler Ebene zuständig.
Was ist zu tun?
Den Flüchtlingen bei uns muss ein menschenwürdiges und angemessenes Leben ermöglicht
werden. Dazu gehört auch die Möglichkeit, weitgehend unabhängig von ihrem
Aufenthaltsstatus und der voraussichtlichen (meist aber nicht absehbaren) Aufenthaltsdauer
sinnvoller und produktiver Arbeit nachzugehen, wenn möglich und notwendig, ausgebildet
und qualifiziert zu werden und am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsmarkt
teilzuhaben. Dies ist auch im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung in Deutschland,
denn damit kann auch dem Fachkräftemangel hier entgegengewirkt werden – wenn die
Flüchtlinge entsprechende Förderung erhalten, um sich zu integrieren.
Der Bildungsverband schlägt vor
- Wartezeiten (insbesondere am Beginn des Aufenthaltes in Deutschland) müssen zur Sprachqualifikation genutzt werden.
- Innerhalb der Wartephase muss auch eine Qualifikationsfeststellung/Kompetenzanalyse ermöglicht werden.
- Es müssen Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden, und die Aufenthaltserlaubnis muss so gestaltet sein, dass die jungen Flüchtlinge ihre Ausbildung hier abschließen können.
- Die Anpassungsqualifizierung muss ausgebaut und verstärkt werden.
- Für junge Flüchtlinge muss Zugang zu beruflichen Fördermaßnahmen (Berufsvorbereitung; Berufsorientierung ...) ermöglicht werden, und zwar bundesweit einheitlich gehandhabt.
- Wenn erfolgreich eine Beschäftigung aufgenommen wurde, muss zeitgleich und berufsbegleitend zur Stabilisierung des Beschäftigungsverhältnisses eine Sprachförderung möglich sein.
- Es müssen konsequent Möglichkeiten der Nachqualifizierung geschaffen beziehungsweise verstärkt werden.
- Die Anerkennung von Abschlüssen, die im Ausland erworben wurden, muss weiter erleichtert werden.
- Es müssen Integrationsbegleitungsmöglichkeiten geschaffen werden: Dies sollte durch institutionenübergreifende Stellen (z.B.: Welcome Center) geschehen, in denen Beratung aus einer Hand angeboten wird.
- Das Sozialgesetzbuch II (Grundsicherung) muss dahingehend erweitert werden, dass die Förderung des Lebensunterhalts bei Aufnahme einer Ausbildung, Weiterbildung, Qualifizierung ermöglicht wird.
Schlussbemerkung
Mit entsprechender Förderung, Integrationsbegleitung und Willkommenskultur und mit der
Ermöglichung von Teilhabe auch auf dem Arbeitsmarkt kann die Aufnahme von Flüchtlingen
in einer der reichsten Volkswirtschaften der Welt zu einer Win-Win-Situation ausgestaltet
werden: Beide Seiten können davon profitieren, sowohl wirtschaftlich als auch kulturell.