Rund 275.000 Menschen sind bisher vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflohen, die meisten von ihnen Frauen, Kinder und Jugendliche – und weitere werden folgen. Neben ihrer medizinischen Versorgung und Unterbringung muss schnell geklärt werden, wie die Kinder und Jugendlichen pädagogisch betreut und beschult werden. Der Deutschen Lehrerverband rechnet mit 250.000 geflüchteten schulpflichtigen ukrainischen Kindern und Jugendlichen, viele von ihnen sind durch Krieg und Flucht teilweise schwer traumatisiert und benötigen auch psychologische Hilfe. Die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) hat nun eine Stellungnahme zur Integration geflüchteter ukrainischer Kinder und Jugendlicher in Kitas und Schulen veröffentlicht, in der sie konkrete Empfehlungen gibt, wie diese Kinder und Jugendlichen unterstützt werden können. Olaf Köller, Co-Vorsitzender SWK, benennt die Kernforderungen: „Alle Kinder und Jugendlichen sollen so bald wie möglich eine Kita oder Schule besuchen, um Deutsch zu lernen, ihren Bildungsweg fortsetzen und Kontakte zu Gleichaltrigen knüpfen zu können.“
Studien zeigen, mit anderen Kindern spielen, lernen und sich als Teil einer Gemeinschaft zu fühlen, hilft bei der Verarbeitung traumatischer Erfahrungen. Kitas und Schulen sollten aber auch Broschüren, Hilfstelefone und Angebote in ukrainischer Sprache bereitstellen und von pädagogischen Fachkräften geleitete Gesprächsgruppen einrichten sowie über psychologische Angebote durch ukrainische Therapeuten*Therapeutinnen oder mithilfe dolmetschender Personen informieren. „Geflüchtete Menschen haben ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht und leiden unter verschiedenen und verschieden schweren Symptomen, deshalb ist es sehr wichtig, jedes Trauma adäquat und differenziert zu behandeln“, sagt Thiemo Fojkar, Vorstandsvorsitzender des IB. Als freier Träger von Schulen, Kitas und anderen Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche übernimmt der IB die Herausforderung, seinen Beitrag zu leisten: „Wir müssen alles tun, damit sich diese Menschen wieder sicher fühlen und in Zukunft ein selbstbestimmtes Leben in Frieden und Freiheit führen können.“
Neben Sprachunterricht in Deutsch empfiehlt die SWK, den Kindern unterrichtsergänzende Bildungsangebote auch in ukrainischer Sprache beispielsweise durch geflüchtete ukrainische Lehrkräfte zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen sie digitale Bildungsangebote nutzen können, um am Unterricht in der Ukraine teilzunehmen und auf diesem Weg einen Schulabschluss oder eine Ausbildung in der Ukraine zu beenden. Den Schlüssel zur Integration sieht die SWK also in einem Angebotsmix, der die individuelle Situation der geflüchteten Familien berücksichtigt, den Kindern aber vor allem den Kontakt zu Gleichaltrigen ermöglicht. Denn die Teilnahme an Bildung eröffnet Kindern und Jugendlichen einen Zugang in das Land, in das sie geflüchtet sind. Dafür sollen auch andere Bildungseinrichtungen wie Sportvereine, Jugendzentren oder Angebote der Jugendarbeit gezielt eingebunden werden. Thiemo Fojkar bestätigt: „Bildungsorte vermitteln nicht nur Wissen, sie sind auch Orte des Miteinanders. Sie bieten Kontakte, Struktur und Alltag, und das ist, was die Kinder und ihre Familien jetzt vor allem brauchen.“
Die Stiftung des Internationalen Bundes sammelt nach wie vor Geldspenden, um Menschen zu unterstützen, die aus der Ukraine nach Polen geflohen sind. Nähere Angaben dazu sowie viele weitere Informationen zum Thema gibt es hier.