Berlin - Zum Start einer außergewöhnlichen Kältehilfesaison fordert die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Berlin (LIGA Berlin) den Senat auf, die Hilfen für obdachlose Menschen pandemiegerecht zu gestalten und die Finanzierungsunsicherheit bei den Trägern zu beenden.
Wer in den letzten Tagen nachts oder sehr zeitig vor die Tür musste, konnte es bereits spüren. Der Sommer verabschiedet sich und die Nächte werden wieder empfindlich kalt. Damit beginnt die Zeit der Berliner Kältehilfe. Organisiert von Kirchengemeinden, Wohlfahrtspflege, Hilfsorganisationen und sozialen Trägern in Kooperation mit den Bezirken, wird diese Kältehilfeperiode jedoch coronabedingt in jeglicher Hinsicht außergewöhnlich und fordernd für alle Beteiligten.
Aus diesem Grund ist für die Mitgliedsverbände der LIGA Berlin eine verlässliche Zusammenarbeit mit dem Senat und den Bezirken wichtiger denn je. Die Verbände mit ihren Mitgliedern, den Trägern der Kältehilfeangebote, benötigen umgehend Planungssicherheit vor allem in Bezug auf die Finanzierung
und Hygienekonzeptionen. Um die Kältehilfe auch unter den aktuellen Bedingungen einer Pandemie sicherstellen zu können, fordert die LIGA Berlin deshalb:
1. Die Träger der Kältehilfe müssen schnellstens Planungssicherheit für die anstehende Kältehilfeperiode erlangen. Hierzu gehören insbesondere verbindliche Finanzierungszusagen durch den Senat. Es wird für die Träger kaum möglich sein, unter den aktuellen Bedingungen finanziell in eine
unsichere Vorleistung zu gehen. Dadurch könnten u. U. wichtige Angebote, die im Vertrauen auf eine Finanzierung bereits zugesagt wurden, nicht zustande kommen.
2. Berlin braucht dringend ein tragfähiges Schutzkonzept für wohnungs- und obdachlose Menschen in der Corona-Pandemie. Eine Weiterführung der Kältehilfe wie in den vergangenen Jahren ist aus Sicht der LIGA Berlin keine zufriedenstellende Lösung.
3. Die Kapazitäten der Kältehilfe müssen den aktuellen Bedingungen in Qualität und Quantität angepasst werden. Momentan sind für November 2020 879 Plätze geplant. In der „Nacht der Solidarität“ im Januar dieses Jahres wurden 1.976 Menschen ohne Unterkunft angetroffen. Die Plätze würden also nicht ausreichen. In Corona-Zeiten werden annehmbare Unterkünfte für alle Menschen benötigt, die bislang nicht ordnungsbehördlich untergebracht sind. Insbesondere sind mehr Plätze in frauenspezifischen Einrichtungen vonnöten.
4. Es müssen deutlich mehr Tagesaufenthaltsmöglichkeiten bspw. in Form sog. 24/7 Einrichtungen geschaffen werden. Nicht zuletzt durch die coronabedingt abgebauten Platzzahlen in den Wohnungslosentagesstätten sowie die Reduzierung bzw. den Wegfall u. a. von Suppenküchen gibt es hier einen hohen Bedarf. Dieser Mangel führt zu unannehmbaren Einschränkungen der Hygieneversorgung von obdachlosen Menschen.
„Die Kältehilfe steht in diesem Jahr vor besonderen Herausforderungen, denn die Pandemie ist noch längst nicht überstanden. Gerade für wohnungslose Menschen ohne jede Unterkunft müssen wir mit unseren Kältehilfeeinrichtungen deshalb eine ausreichende hygienische Versorgung bieten können“,
so Oliver Bürgel, Landesgeschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und damit aktuell Federführer der LIGA Berlin. „Wir fordern den Berliner Senat daher dringend auf, unseren Forderungen nach einer zügigen Finanzierungszusage, einem tragfähigen Schutzkonzept und der Anpassung der Kapazitäten sowohl für Tages- als auch Übernachtungsangebote nachzukommen. Das Coronavirus hat unser Leben in einer Form verändert, die wir noch im letzten Jahr nicht für möglich gehalten hätten. Für wohnungslose Menschen ohne Unterkunft jedoch stellen nicht nur das Virus selbst, sondern die damit, zu Recht, einhergehenden Einschränkungen einen lebensbedrohlichen Umstand dar. Im Rahmen der Kältehilfe versuchen wir diese Situation zumindest etwas abzumildern.“
Quelle: Pressemitteilung der LIGA der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Berlin (vom 23.09.2020)