„Wir stehen vor Verteilungskonflikten“


Mildtätige Angebote wie die ehrenamtlich organisierten Tafeln müssten in unserem Land eigentlich überflüssig sein. Deutschland ist ein Sozialstaat, es gibt ein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Auskommen, stellt der IB-Vorstandsvorsitzende Thiemo Fojkar fest.

Doch immer wieder drohe die Gefahr, dass die Ärmsten und Schwächsten in unserer Gesellschaft gegeneinander ausgespielt werden – wie aktuell bei der Debatte um die Essener Tafel. Dabei führen Fehlentwicklungen und Versäumnisse der Politik bei der Sozial- und Integrationspolitik zu Auseinandersetzungen. „Wir stehen vor weiteren Verteilungskonflikten, wenn die Politik nicht endlich handelt“, warnt Fojkar. „Beim Wohnungsbau ist die Verdrängung schon offensichtlich und setzt sich im Bereich der Schulen oder Kindertagesbetreuung fort“, so Fojkar. „Das ist sozialer Sprengstoff und eine große Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Als einer der großen Freien Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit sieht der IB die Entwicklung schon länger kritisch. Bereits in seinem Marienfelder Papier aus dem Jahr 2016 fordert er den bedarfsgerechten Ausbau lokaler Infrastrukturen. Wenn im Koalitionsvertrag der neuen großen Koalition Mängel in der Versorgung mit Kitaplätzen, Schulen und Wohnungen in Zusammenhang mit dem Zuzug Geflüchteter gebracht wird, sei das weder zielführend noch hilfreich, so Fojkar.

Um Armut unter Geflüchteten zu vermeiden, bedarf es einer Integrationspolitik, die die Potenziale der Menschen stärkt und nicht die Defizite betont. Die jetzigen Diskussionen zeigen, dass es ein Umsteuern in der deutschen Sozialpolitik geben muss, um Verwerfungen und gegenseitige Diskreditierungen der hier lebenden und Ankommenden zu verhindern. Die kommende Regierung ist gefordert, ein tragfähiges, alle Gruppen umfassendes Konzept zu entwerfen, das alle sozialen Gruppen einschließt. Die Praxiserfahrung und die Expertise von Trägern wie dem IB können wesentlich zu einer gerechteren Sozialpolitik beitragen.

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