Dokumentation zur Geschichte des IB vorgestellt


Marion Reinhardt:
Gründungsgeschichte des Internationalen Bundes

Am 9. Januar 2017, zwei Tage vor dem 68. Geburtstag des IB, wird in Berlin eine Dokumentation der Gründungsgeschichte des IB vorgestellt. Das mehr als 300 Seiten starke Werk erscheint im Wochenschauverlag und wird in Kürze auch über hier über die Webseite herunterladbar sein. Gegründet worden war der „Internationale Bund für Kultur- und Sozialarbeit“ (damals schon „IB“ abgekürzt) am 11. Januar 1949 in Tübingen in Württemberg-Hohenzollern, in der damaligen französischen Besatzungszone.

Die wichtigsten Akteure:

Initiatoren des Vereins waren Henri Humblot, Jugendoffizier der französischen Besatzungsmacht, Carlo Schmid, Staatspräsident in Württemberg-Hohenzollern und Heinrich Hartmann, früherer Hauptabteilungsleiter in der Reichsjugendführung der Hitlerjugend.

Die Gründungsväter des IB und die Mitglieder des ersten Präsidiums und Vorstands kamen aus der Kommunal- und Landespolitik, aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft in Württemberg-Hohenzollern bzw. ab 1952 in Baden-Württemberg.

Die ersten Mitarbeiter waren häufig ehemalige Funktionäre der Hitlerjugend, für die das Engagement im IB auch zur Integration in die Nachkriegsgesellschaft der Bundesrepublik, zur Rehabilitierung und als Wiedergutmachung dienen sollte.

Etappen der Gründungsgeschichte:

Im Zentrum der vorliegenden Publikation stehen die ersten beiden Jahrzehnte der Geschichte des IB.

Sie umfasst:

  • den Beginn in Württemberg-Hohenzollern im Kontext von Jugendnot in der unmittelbaren Nachkriegszeit,
  • den Ausbau des IB in weiteren Bundesländern in den 1950er und 1960er Jahren vor allem mit den Integrationshilfen für junge Flüchtlinge aus der DDR und den ehemaligen deutschen Ostgebieten sowie die Betreuung der ersten Arbeitsmigranten („Gastarbeiter“) in den 1960er Jahren
  • sowie die zeitgleich beginnende Entwicklung und Differenzierung der Leistungen in der Bildungs- und sozialen Arbeit.

Die Inhalte der Dokumentation:

Die Dokumentation analysiert zunächst die Vorbereitungen der IB-Gründung wenige Monate nach der Zerschlagung des Nationalsozialismus Anfang 1946 mit den ersten Gesprächen zwischen den drei späteren Initiatoren des IB und mit der Analyse ihrer gemeinsamen und auch unterschiedlichen Interessen an dieser Vereinsgründung. Die Wurzeln des IB, die internationalen Jugendbegegnungen, die Jugendnot und das Interesse, ehemalige HJ-Führer durch ihre Mitarbeit im IB in die deutsche Nachkriegsgesellschaft zu integrieren werden herausgearbeitet.

Das zweite Kapitel geht auf die Gründung des IB selber ein. Satzung, Präsidentschaft und die ersten Gremienbesetzungen verdeutlichen das sich herausbildende Selbstverständnis einer unabhängigen, auf Selbsthilfe ausgerichteten, überparteilichen und überkonfessionellen Organisation mit internationalem, explizit anti-nationalistischem Selbstverständnis.

Im dritten Kapitel wird mit den Anfängen des IB in Württemberg-Hohenzollern die Entwicklung der fachlich-inhaltlichen Arbeit und ihre personelle Umsetzung in Jugendgemeinschaftswerken und Jugendwohnheimen dokumentiert.

Das vierte Kapitel skizziert den Weg des IB zum bundesweiten Träger. Der Ausbau, der bis Ende der 1950er Jahren acht von elf Bundesländer umfassen wird , wurde gesellschaftspolitisch sowohl durch die wachsende Zuwanderung (zunächst vor allem von DDR-Flüchtlingen, dann von Arbeitsmigranten) als auch durch den wachsenden Arbeitskräftemangel in den Industrie-Metropolen (Wirtschaftswunder) entscheidend beeinflusst. Wie der IB diese Herausforderungen für seinen Ausbau nutzte und gestaltete ist Gegenstand dieses Kapitels.

Ein Überblick über die sich am Ende der Gründungsjahre differenzierenden Angebote für unterschiedliche Zielgruppen, ein Blick auf die sich vergrößernde und verändernde Mitarbeiterschaft und einige Bemerkungen zu Wandlungsprozess von einem, eher vom Selbsthilfe-Gedanken geprägten Verein hin zu einem bundesweit tätigen Träger und Betrieb, der heute den Namen „Internationaler Bund – Freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit“ trägt, schließt die Dokumentation ab.

„Wir stellen uns unserer Geschichte“ – mit dieser Botschaft erläutern Präsidentin und Vorstandsvorsitzender des IB zum Abschluss der Dokumentation ihre Haltung zur Gründungsgeschichte des IB.

Ergänzende Arbeiten:

Fünf wissenschaftliche Expertisen vertiefen die Dokumentation und befassen sich mit den wichtigsten zeitgeschichtlichen Phänomenen, welche die Gründungsgeschichte des IB maßgeblich beeinflusst haben:

  • die Hitlerjugend als Herkunfts-Organisation vieler erster IB-Mitarbeiter,
  • die Jugendpolitik der französischen Alliierten,
  • die Ausmaße der Jugendnot der Nachkriegszeit als zentraler Auslöser für Programme der Jugendsozialarbeit,
  • die Selbstreflexion einiger ehemaliger HJ-Funktionäre und die Diskussion realer oder vermeintlicher Kontinuitätslinien zwischen Hitlerjugend und IB
  • sowie die Vergangenheitspolitik in der deutschen Nachkriegszeit, die Hinweise für die Verschwiegenheit personeller Kontinuitäten aus der NS-Zeit und die Tabuisierung der Herkunft der ersten Mitarbeiter des IB zum Gegenstand hat.

Ein Anhang mit den Gremien- und Mandatsträger/-innen des IB, vor allem in seinen Anfängen sowie mit Kurzbiografien ausgewählter erster Akteure des IB schließt das Buch ab.

Die zentralen Ergebnisse:

Die systematische Auseinandersetzung mit der Gründungsgeschichte des IB, die Hinzuziehung zahlreichen Archiv-Materials sowie einer Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten hat bisher Unbekanntes und auch Überraschendes über die ersten beiden Jahrzehnte des IB zutage gefördert.

Hierzu zählt vor allem die Rolle der ehemaligen HJ-Funktionäre im Gründungsprozess des IB. Die Einbeziehung ehemaliger HJ-Funktionäre in die Aufbauarbeit des IB war keinesfalls nur ein „Betriebsunfall“ sondern strategische Absicht vor allem von Carlo Schmid, der die IB-Gründung für die Integration ehemaliger NS-Funktionäre nutzen wollte. Ein Ergebnis dieser Politik war, dass der Aufbau der ersten Einrichtungen des IB dann überwiegend von einem Netzwerk ehemaliger HJ-Funktionäre geleistet wurde; dies allerdings gesteuert von einem Präsidium, später von einem Vorstand, in dem renommierte Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft des demokratischen Nachkriegsdeutschlands vertreten waren.

Der bekannteste frühere HJ-Funktionär im IB , Heinrich Hartmann, war also nicht, wie oft und langjährig behauptet, der Gründer und alleinige Ideengeber des IB, sondern einer von drei Initiatoren, der abhängig von der Unterstützung der politischen Führung im Nachkriegsdeutschland war und bei der IB-Gründung selber zunächst im Hintergrund stand.

Personelle Kontinuitäten aus der NS-Zeit bedeuteten auch inhaltlich keine Fortsetzung nationalsozialistisch geprägter Jugendarbeit. Die neue Praxis der Jugendsozialarbeit unterschied sich mit ihren Elementen von Freiwilligkeit, Selbsthilfe, umfassender Persönlichkeitsbildung und Partizipation deutlich davon. Ein ganzheitliches Konzept, in dem Wohnen, Arbeiten, gemeinsame Bildungsprozesse und personale Stabilisierung miteinander verbunden waren, begründete die wachsende Akzeptanz des IB und seine Mitwirkung bei der Entwicklung der Jugendsozialarbeit in einer demokratischen Jugendhilfe.

Mit seinen vielfältigen, ineinander greifenden Integrationshilfen und der Verbindung von Sozial- und Bildungsarbeit wandte sich der IB zunächst an zugewanderte, in mehrfacher Hinsicht „heimatlose“ Jugendliche und junge Erwachsene. Bewirkte die Arbeit mit diesen Zielgruppen zunächst wichtige Entwicklungsschübe für den IB, bildeten diese ersten Arbeitsfelder dann aber auch die Grundlage für Leistungen und Hilfen für einheimische Bevölkerungsgruppen und geben auch noch heute wichtige Hinweise für die Arbeit mit gesellschaftlich wenig integrierten Jugendlichen oder jungen Flüchtlingen.

Zum Bestellen auf der Webseite des Wochenschauverlags folgen Sie bitte diesem Link.


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