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„Wir fangen ja nicht bei null an“

Jo Otte, Referent für Nachhaltigkeitsmanagement, über den Weg zu einem nachhaltigen IB


Das erste Halbjahr 2023 war ein wuseliges Jahr für Jo Otte. Im Januar 2023 der Nachhaltigkeits-Workshop in Jena zum Thema Energie, kurz darauf ein Workshop in Schwerin beim IB Nord zum Thema Nachhaltigkeit und anschließend noch einmal beim IB Süd in Stuttgart – mit anderen Worten: Das Thema beschäftigt nicht nur Vorstand und Geschäftsführungen des IB. Es hat landauf, landab große Konjunktur.


Herr Otte, ist es angesichts der vielen aktuellen Krisen derzeit nicht ungünstig, über Wege zur Nachhaltigkeit nachzudenken? Was entgegnen Sie dem Vorwurf „Haben Sie keine anderen Sorgen?“?

Ich antworte darauf: Kriege, Krisen und die Covid-19-Pandemie sind Teil von Nachhaltigkeit. Das heißt, ohne mit ihnen klug umzugehen, sie effektiv zu bewältigen, ihnen künftig vorzubeugen, gibt es keine Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit anzustreben steht also nicht im Widerspruch zu den aktuellen Krisen. Im Gegenteil. Zur Nachhaltigkeit gehören Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen: Nachhaltigkeit beinhaltet, krisenresistent zu sein, gewappnet zu sein für Krisen, mit Krisen umgehen zu können, sie durchzustehen. Wenn wir auf die Nachhaltigkeitsziele der UN schauen, die sogenannten SDGs der Agenda 2030 , dann sehen wir ja, dass unser Handeln darauf ausgerichtet sein muss, diese Krisen zu bewältigen. Das heißt, wir müssen Soziales, Wirtschaftliches, Ökologisches so ausrichten, dass wir das gesamte Leben nachhaltig gestalten. Und wir können das schaffen.
 

Und wie weit ist der IB auf dem Weg dorthin schon vorangekommen?

Es kommt darauf an, wie ehrgeizig man ist. Für mich als Referent für das Nachhaltigkeitsmanagement des IB kann es natürlich noch nicht weit genug sein. Aber eines ist klar: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hierzu schon längst auf dem Weg. Ein kleines, sehr schönes Beispiel aus dem IB Hamburg dazu: Dort hat es im vergangenen Jahr einen digitalen Adventskalender gegeben, der die 17 Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zum Themagemacht hat. An vielen Orten im IB – in den Kitas, bei den Freiwilligendiensten, im Immobilienmanagement – arbeiten wir ernsthaft und mit großer Leidenschaft daran, Nachhaltigkeit in den jeweiligen Geschäfts- und Arbeitsfeldern zu leben.
 

Es gibt innerhalb des IB schon seit etlichen Jahren einige Vorzeigeprojekte in Sachen „grüner werden im IB“. Mal ehrlich, wird mit diesen Projekten nicht ein wenig „Greenwashing“ betrieben?

Ganz ehrlich: nein. Wir wissen und kommunizieren das auch, dass wir nicht vollkommen klimaneutral wirtschaften können. Es bleibt immer etwas übrig, das uns nicht klimaneutral sein lässt. Immer noch sind ab und an Flüge nötig, sparen wir nicht genug Energie, sind unsere Immobilien nicht entsprechend saniert. Aber zusätzlich zum Vermeiden und Reduzieren von CO2-Emissionen können wir das, was nicht klimaneutral bei uns ist, auch kompensieren. Dazu haben wir einen IB-eigenen Klimaschutzfonds eingerichtet. Hier können sich Mitarbeitende bei mir um Zuschüsse bewerben für Kompensations-Projekte, etwa Bäume pflanzen in einem Wald, Streuobstwiesen anlegen oder alte Leuchtmittel durch LED-Lampen ersetzen. Und schon seit 2019 bezieht der IB 98 Prozent seines Strombedarfs aus erneuerbaren Energiequellen. Wir tun also schon eine Menge, um klimaneutral zu werden.
 

Immer wieder gibt es das Argument zu hören, dass es zu teuer sei, Nachhaltigkeit zu gestalten.

Natürlich gibt es diese Bedenken, auch im IB. Aber wir haben darauf gute Antworten. Die wichtigste: Wir müssen den Widerspruch zwischen Ökologie und Ökonomie endlich auflösen. Denn es wird viel teurer, wenn wir jetzt nicht investieren und Nachhaltigkeit zur Grundlage unseres Denkens und Handelns machen. Eine nachhaltige Gesellschaft schafft überhaupt erst die Bedingungen, sozial und wirtschaftlich zu überleben. Wir müssen die Kosten, die schlechte ökologische Bedingungen verursachen, daher ehrlicherweise mit in unsere Bilanzen hineinrechnen. Jede Naturkatastrophe, jede Hitzewelle führt uns das deutlich vor Augen.
 

Was halten Sie für den wichtigsten Punkt, damit die Nachhaltigkeitsstrategie des IB aufgeht?

Für zentral erachte ich zwei Dinge. Erstens: Beteiligung organisieren. Denn Beteiligung ist mehr als zu sagen: „Ihr müsst die Fenster ordentlich schließen, die Heizung runterschalten und LED-Lampen reinschrauben". Nachhaltigkeit kann nur funktionieren, wenn sich Menschen dafür persönlich verantwortlich fühlen und einsetzen. Wenn sie selbst die Ziele mitformulieren, Maßnahmen umsetzen und dann auch kontrollieren, ob sie funktionieren.

Und zweitens: Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen, was Nachhaltigkeit im Konkreten bedeutet und wie sie sich ganz persönlich und mit anderen zusammen dafür einsetzen können. Mit anderen Worten, wie sie die Kompetenzen dafür entwickeln können, nachhaltig zu arbeiten, zu führen, zu entscheiden. Dafür brauchen sie aber auch die entsprechenden Räume – in Workshops oder Weiterbildungen zum Beispiel. Das heißt auch: Zeit zu haben zum Kreativsein, Brainstormen und für das gemeinsame Entwickeln von Lösungen. Das fängt bei den Onboarding-Prozessen an, also bei den Einstellungs- und Bewerbungsgesprächen, und geht weiter mit dem Verhalten von Führungskräften, der Gestaltung von Kitas und Schulen und so weiter. Der zentrale Punkt ist meines Erachtens, die Menschen zu befähigen und zu ermächtigen, sich einzumischen und die Wege mitzubestimmen, die wir im IB und als Gesellschaft gehen wollen.


Die Fragen stellte Elisabeth Ehrhorn (pfiff – Pressefrauen in Frankfurt)

Jo Otte - Referent für Nachhaltigkeitsmanagement

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